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ENERGIE – Zukunft EUROPA

Gemeinsame europäische Energiepolitik?

 

 

Vielen Dank für die Möglichkeit vor Ihnen heute zu sprechen. Im weiteren werde ich Ihnen einige Überlegungen zu Energiepolitik der Europäischen Union darlegen, die, ich bitte dies zu berücksichtigen, auf meiner persönlichen Einschätzung der derzeitigen Situation beruhen.

 

Nun die Frage, die ich für diesen Abend gestellt habe lautet: Energie – Zukunft – Europa. Gibt es so etwas? Die Antwort ist für einen Juristen wohl symptomatisch: "Jaein".

Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik aber auch noch viel mehr. Energie ist die Grundlage für die Entwicklung der Volkswirtschaft eines jeden Landes. Ohne Energie gäbe es in unseren Breitengraden dauerhaft weder Leben noch wirtschaftliche Entwicklung, Handel oder Fortschritt. Und auch keinen Frieden.

 

Daraus resultiert auch die Nutzung der Energie in unseren Gefilden. Ca. 40% des Energieverbrauchs wird nur für die Wärmeerzeugung benötigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Quelle: EuroStat, KOM (200$) 366 endg., S. 10.

 

 

 

 

Aus der besonderen Stellung der Energie als Wirtschaftsgut und die wertvollste Ressource der Welt, ergeben sich auch die Gefahren und Probleme, die nach Ansicht vieler Kenner der Materie bald einen neuen Energieverteilungskonflikt mit globalen Auswirkungen verursachen könnte (optimistische Haltung) oder wird (pessimistische Haltung, die nur noch den Zeitpunkt nicht kennt).

 

Dabei ist das grösste Problem der westlichen Welt, die seit Jahrzehnten bestehende und kaum verringerter extreme Abhängigkeit von fossilen und atomaren Brennstoffen, die, in Europa gar nicht oder in nur wenigen wirtschaftlich vertretbar abbaubaren Lagerstätten vorhanden sind.

 

Kurz gesagt, Europa ist ein Energieimporteur. Und zwar der weltgrösste.

 

Auch hat z.B. die Erdölförderung in der Nordsee den Förderhöhepunkt bereits überschritten und war auch in der Vergangenheit kaum kostendeckend und ausreichend, im Vergleich zu den Importen aus dem arabischen und neuerdings asiatischen Bereich (z.B. Kasachstan).

Die letzte französische Kohlemine wurde 2004 geschlossen, nur Deutschland fördert noch etwas, und zwar hoch subventionierte Kohle (man könnte auch sagen, dass eigentlich nur die Unternehmen gefördert werden).

Diese Kosten für diese europäische Kohleförderung konnte die letzten 30 Jahre und kann auch auf absehbare Zeit zukünftig mit den Weltmarktpreisen nicht konkurrieren und daher wird auch in Zukunft, selbst wenn der Energiebedarf Chinas und Indiens weiter so ansteigt, Kohle auch in Zukunft aus Amerika, Südafrika und Australien nach Europa importiert werden.

 

Die Problematik der Verknappung fossiler Brennstoffe wird sich, je nach der Entwicklung der Entdeckung von Lagerstätten und dem weltweiten Verbrauch zusehends problematisieren. So ist China im Jahr 2003 zum zweitgrössten Ölverbrauchsland (nach den USA) der Welt aufgestiegen.

Russland hat in diesem Winter zudem mit der Lieferreduzierung von Erdgas über die transeuropäischen Fernleitungen gezeigt, dass es als ein bedeutender Energieexporteur in Zukunft in der Lage ist, die europäische Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu seinen Gunsten und Machtpolitisch zu nutzen.

Aus den frühen 70er Jahren stammen daher auch die ersten ernsteren Zusammenarbeits- und Harmonisierungsbestrebungen in der europäischen Gemeinschaft.

 

Es wird nun sicherlich manch einer an den EGKS-Vertrag (1951) und den Euratom-Vertrag (1957) denken und diese Aussage als unrichtig empfinden. Dazu muss ich näher ausführen: Der EGKS-Vertrag und damit die Montanunion war spätestens zu dem Zeitpunkt obsolet, als die Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit einer Überflusswirtschaft gewichen ist und die Bewirtschaftung von Kohle nicht mehr erforderlich war. Daher wurde auch folgerichtig der EGKS-Vertrag 2002 nicht mehr erneuert, sondern diese Bereiche, Kohle und Stahl, dem allgemeinen Regime des EG-Vertrag unterstellt.

Dem Euratom-Vertrag war, trotz der anfänglich hochfliegenden Pläne, der EAG-Vertrag war 1957 bekanntlich für Frankreich wichtiger als der EWG-Vertrag, kein durchschlagender Erfolg beschieden. Dies hat zum einen mit der Konstruktion des EAG-Vertrages selbst zu tun, der als sektorieller Vertrag nur einen sehr begrenzen Rahmen hat und auch darin noch eingegrenzt auf wenige Sachgebiete (so ist die Sicherheit von Kernenergieanlagen und die militärische Verwendung ausgeschlossen), zum anderen mit nationalen Ressentiments, die eine engere Kooperation verhinderten. Insgesamt sind derzeit von den 25 MS der Union noch sieben weiterhin bereit, die Atomkraft auch zukünftig zu nutzen (F, SF, UK, CZ, LIT, SK, H. SLO will aussteigen (1 Anl.), PL behält sich eine Option zur Nutzung offen – keine Anlage derzeit)

 

 

Nun zurück zu den 70er Jahren:

 

Damals wurde auf drei Ebenen begonnen, die Energie-Importabhängigkeit zu reduzieren durch:

-         Diversifizierung

-         Substituierung und

-         Effizienzsteigerung

 

Die Abhängigkeit vom Erdöl sollte vor allem durch einen grösseren Energiemix (Diversifizierung) beseitigt werden. Dabei wurde wesentlich auf die Atomenergie und die Wasserkraft als zukunftsfähige Technologien gesetzt und Kraftwerke gebaut.

Die Substituierung erfolgte vor allem durch die Ersetzung des Erdöls durch Erdgas. In den Achtzigerjahren wurde die Lieferabhängigkeit von Russland mit den transnationalen Erdgasverbindungsleitungen ausgebaut. Aber auch die Förderung der Nordseelagerstätten und die Lieferung von Flüssiggas (z.B. aus Algerien).

 

Erst zu Beginn der neunziger Jahre wurden die Forschungen auch im Bereich erneuerbarer Energien verstärkt und ausgebaut.

 

Die Energieefffizienz (Energiesparen, bessere Nutzung) ist dabei der Bereich, der innerhalb kürzester Zeit die grössten Erfolge gebracht hat und auch zukünftig kurzfristig bringen kann.

Es wird davon ausgegangen, dass alleine durch die Abschaltung von Geräten, die derzeit im Stand-by-Betrieb arbeiten, in Europa 20 Kohlekraftwerke eingespart werden könnten.

Wärmedämmung und andere Massnahmen (z.B. die Solarwärmeerzeugung) noch nicht eingerechnet.

 

Die Versorgungssicherheit ist sowohl für die Unionsmitgliedstaaten als auch die EU selbst das Hauptanliegen. Durch den geplanten Ausstieg aus der Atomkrafterzeugung in den nächsten 30 Jahren in Deutschland, Italien, Niederlande, Schweden, Belgien und Spanien wird von einer Verschärfung der Situation ausgegangen, da es zusätzlich zur normalen Erneuerung von Kraftwerkskapazitäten einen erheblichen Mehrbedarf an neuen Kraftwerken geben wird und der Primärenergieträger dafür noch nicht feststeht und alternative Konzepte grossteils noch nicht ausreichend zur Verfügung stehen bzw. technisch noch nicht ausgereift sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Quelle: Kommission in KOM-Dok: „Energie, unsere Abhängigkeit in den Griff bekommen“, S. 10, 2002, ISBN 92-894-1347-6. Siehe auch Tabelle 12, 24, 43 und 44. Angaben in Mio t ROE.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Angaben in Mio t ROE)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Quelle: Kommission in KOM-Dok: „Energie, unsere Abhängigkeit in den Griff bekommen“, S. 8, 2002, ISBN 92-894-1347-6. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Importabhängigkeit der Union bis 2030 auf fast 70% ansteigen wird

 

Dennoch hat es die Europäische Union bis heute nicht zu einer einheitlichen und harmonisierten Energiepolitik geschafft, obwohl die Probleme seit Jahrzehnten bekannt sind, und spätestens seit dem Ende der 70er Jahren von einer Erschöpfung der Lagerstätten für fossile Brennstoffe gewarnt wird.

Die Ursache ist vor allem in nationalen Ressentiments zu finden, die es die Unionsmitgliedstaaten nach ihrer Einschätzung nicht erlauben, diesen Kernbereich auf die europäische Ebene anzuheben. Hinzu kommen noch die militärischen Überlegungen hinsichtlich der Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen, die unter anderem auch für Produktion von Atomwaffen dienen können (durch Anreicherung).

Ein weiterer Hinderungsgrund ist die bisherige nationale Politik, so hat z.B. Frankreich bislang auf die Atomkraft den Schwerpunkt gelegt (über 80% Stromerzeugung als 58 Atomkraftwerken) und Österreich auf die Wasserkraft (über 70% Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken).

Zudem wird von den nationalen Politiken wohl auch befürchtet, dass die weitere Vergemeinschaftung von nationalen Politikbereichen, insbesondere dieses Kernbereichs, die EU einseitig stärken wird, ohne eine weitergehende Einflussmöglichkeit zukünftig zu haben.

 

Die Haupttätigkeit der EU im Bereich des Energiewesens liegt derzeit bei der Schaffung eines Energiebinnenmarktes (vor allem für Gas und Elektrizität) und der weiteren Förderung der Diversifizierung, Substituierung und effizienten Nutung von Energie. Eine Gemeinschaftskompetenz im Energiebereich gibt es (noch) nicht.

Dabei ist eine wesentliche Triebfeder für die Vergemeinschaftung von Teilbereichen nicht die Einsicht, dass auf europäischer Ebene und gemeinsam die Energieprobleme besser gelöst werden können, sondern die Liberalisierungsbestrebungen in der Wirtschaftspolitik und somit die Schaffung von weitgehend gleichen Wettbewerbsbedingungen für Anbieter und Verbraucher in den Unionsmitgliedstaaten für einen innergemeinschaftlichen Austausch von Energie.

Diese Bestrebungen erfolgen im vergleichbaren Ausmaß auch in den USA, Japan und anderen Ländern. Daher wird auch die Beseitigung von nationalen Monopolen und Oligopolen und die Schaffung von politisch relativ unabhängigen Unternehmen weitaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als der zukünftigen Entwicklung der Energieversorgungssicherheit.

Eine völlige Liberalisierung wurde auch in der Richtlinie 2003/54/EG (noch) nicht angestrebt und sind die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Unternehmen im Energiebereich, zumindest in Europa, anerkannt.

 

Auch die Änderung der Energieerzeugungsstrukturen von der zentralen Großerzeugung zur ergänzenden Erzeugung durch dezentrale Kleinkraftwerke (insbesondere KWK) und vom angebotorientierten zum nachfrageorientierten Wirtschaftskonzept bietet noch viel Potenzial für eine kaum absehbare Veränderung in diesem Markt.

 

 

 

Was bedeutet dies langfristig für die Energiepreise?

 

Wird vom derzeitigen Stand der technischen Entwicklung ausgegangen und die langjährigen Bewegungen der Energiepreise in der Vergangenheit analysiert, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass die Energiepreise für fossile Energieträger langfristig nicht sinken, sondern weiter steigen werden.

Kurz- und mittelfristig wird es zu den bereits bekannten auf- und ab-Bewegungen kommen, insbesondere die vollständige Erschliessung der asiatischen Ölfelder (Kasachstan, Sibirien etc.) wird zu einem temporären Mehrangebot am Markt führen, dem jedoch die Erschöpfung der europäischen und nordamerikanischen Quellen gegenüberstehen.

 

 

 

Aussichten für die Zukunft

 

-         Es wird kurzfristig keine gemeinsame europäische Energiepolitik geben, mittel- und langfristig ist diese eine zwingende Notwendigkeit.

-         Es besteht die erhöhte Gefahr zukünftiger Energieverteilungskonflikte, die auf der einen Seite die europäische Integration beschleunigen werden, andererseits erhebliche Resourcen binden

-         Es besteht derzeit kaum die Möglichkeiten der mittelfristigen Verringerung der Energieabhängigkeit bzw. Substitution fossiler Brennstoffe

-         Die private Mobilität und die Privathaushalte werden auch zukünftig im Verhältnis in fast allen Mitgliedstaaten am stärksten besteuert, während die gewerblichen Transporte, die Landwirtschaft und die industrielle Produktion (Großabnehmer) meist begünstigt wurden bzw. werden.

-         Es wird weiter nach der Verwendung der Energie unterschieden. Energie für Heizzwecke wird weiterhin dem erhöhten Mehrwertsteuersatz unterliegen, Energie für die Krafterzeugung einem ermäßigten Steuersatz.

 

 

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Aktualisiert: 27.03.2007
Seite erstellt: 04.06.2006