Deutsch - franzoesisches Geschichtsbuch
Grundlage fuer eine supranationale, europaeische Geschichtsschreibung?
Der erste Band des deutsch-franzoesischen Geschichtsbuchs, der in der Trilogie, nach Erscheinen aller Baende, der Band drei sein wird, befasst sich mit dem Zeitraum 1945 bis zur Neuzeit.
Band 1 soll die europaeische Geschichte von der Antike bis zur Franzoesischen Revolution umfassen (Erscheinungsdatum 2008), Band 2 den Zeitraum des 19. und 20. Jahrhunderts (1815 bis 1945 - Erscheinungsdatum 2007). Diese werden in den naechsten Jahren herausgegeben.
Ausgearbeitet wurde das nun vorliegende Geschichtsbuch (Band 3) von einer deutsch-franzoesischen Expertenkommission in dreijaehriger Arbeit und wurde am 4. Mai 2006 in Frankreich (Péronne) und am 10. Juli 2006 in Deutschland (Saarbruecken) vorgestellt und uebergeben. Die Werke stehen somit erstmals zum Schulanfang 2006 zur Verfuegung.
Es soll der Konzeption nach in den Oberstufe der Gymnasien verwendet werden und besteht aus fuenf Teilen:
- Nachkriegszeit (1945-1949)
- Zeitraum des "Kalten-Krieges" (1945-1989)
- von der Wende bis zu Jetztzeit (1989-2006)
- Veraenderungen in der Weltgeschichte (1945-2006)
- Deutsche und Franzosen seit 1945
Das Projekt ist im Hinblick auf die gemeinsame europaeische Geschichte, die nationale Identitaet und die nationale Bildungspolitik ein Meilenstein, der hoffentlich auf die anderen Unionsmitgliedstaaten ausstrahlen wird und zur Schaffung eines gemeineuropaeischen Geschichts(lehr)buches fuehrt.
Geschichtsschreibung und die eigene Vergangenheit bzw. die Sichtweise derselben ist bislang ein nationales Symbol der gemeinsamen Identitaet bzw. Identitaetsfindung. Bislang fand diese, aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen, Sichtweisen und auch Positionen in Konflikten oftmals voellig kontraere Ergebnisse.
Dennoch sind die Geschichtsablaeufe der europaeischen Staaten so eng miteinander verwoben, dass es verwundert, dass erst 60 Jahre nach Gruendung der EWG ein solches Projekt verwirklicht wird.
Bereit in der Zwischenkriegszeit waren entsprechende Bestrebungen begonnen worden und die Idee fand auch in den 1950er Jahren entsprechend aufgeschlossene Vertreter. Private Entwuerfe wurden mehrfach vorgelegt.
Der Anstoss zum nun geschaffenen ersten Teil wurde im Zuge der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrags gegeben. Das Deutsch-Franzoesische Jugendwerk hatte anlaesslich eines von ihr veranstalteten "Jugendparlaments" vom 18. bis 23. Januar 2003 in Berlin in der Abschlussresolution ua. die Forderung nach einem solchen gemeinsamen Geschichtsbuch aufgenommen.
Diese Resolution wurde am 23. Januar 2003 in Form eines Antrags an den franzoesischen Staatspraesidenten Jacques Chirac und an den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schroeder gerichtet.
Der gemeinsame Wille zur Schaffung eines solchen Gemeinschaftswerkes wurde am 26. Maerz in Berlin und am 27./28. Oktober 2003 in Poitiers von beiden Regierungen bestaetigt und eine Expertenkommission aus Vertretern der Wissenschaft, der Lehre und Schulverwaltung einberufen.
Das Geschichtsbuch ist in der franzoesischen Sprachfassung bei "Editions Nathan" erschienen (Histoire/Geschichte - LÉurope et le monde depuis 1945, ISBN 3-12-416510-1), in der deutschen Sprachfassung bei Ernst Klett-Schulbuchverlag (Histoire/Geschichte - Die Welt und Europa seit 1945, ISBN 3-12-416520-9).
Kritiken:
Das Schulbuch hat auch verschiedentlich bereits kritische Stimmen gefunden. Dabei wird vor allem bemaengelt:
- diverse Schreibfehler und inhaltliche Fehler
- zuviel Illustrationen und Dokumente etc., darunter leidet der Begleittext
- teilweise farblose Sprache
- teilweise weitschweifige, schwerverstaendliche Formulierungen
- inhaltliche Ungenauigkeiten und Schwaechen durch den kurzen Begleittext
- Probleme durch die unterschiedlichen Lehrplaene in Deutschland und Frankreich
- kein offizielles Schulbuch
Anton Schaefer